DOUBT

European Premiere
by John Patrick Shanley
the Pulitzer Prize and Tony Award Winner 2005
30 Jan - 11 March 2006
 
 

Kleine Zeitung


Der Zweifel lässt alle unerlöst
 
Vienna’s English Theatre bringt die österreichische Erstaufführung eines Broadway-Erfolges. Das Pulitzer- und Tony-Award-Stück „Doubt“. Vienna’s English Theatre hat in seinen Glanzzeiten Edward Albee uraufgeführt, Dallas-Stars wie Linda Gray und Larry Hagman „Love Letters“ lesen lassen, Jean-Paul Belmondo als Cyrano gebracht. Nun macht es sich um die österreichische Erstaufführung eines Broadway-Erfolges verdient: John Patrick Shanleys „Doubt“ (Zweifel), im Vorjahr mit dem Pulitzer-Preis und dem Tony Award geadelt. 

„In dubio pro reo“ – Im Zweifel für den Angeklagten, lautet eine Devise der zivilisierten Rechtsprechung. Schwester Aloysius, Direktorin einer Ordensschule (Wendy Barrie-Wilson), sieht das anders. Mit inquisitorischer Härte rät sie dem von ihr des Kindesmissbrauchs verdächtigten Father Flynn (Ray Dooley), selbigen einfach zu gestehen, um glaubwürdig zu bleiben.     
Zwischen ihnen steht die naiv-idealistische Schwester James (Shannon Koob). Die realitätsgestählte Mrs. Muller, Mutter des Buben (Jill Chenault), bringt eine weitere Perspektive ein.   

„Doubt“ ist ein Prachtbeispiel dafür, wie unbekümmert von Theatermoden, Regieterror und Sprachakrobatik das angloamerikanische Theater agiert: In neugotischer Kulisse und realen Kostümen treffen die Figuren der im Jahr 1964 angesiedelten Geschichte in neun Szenen aufeinander. Ihre Dialoge sind schnörkellos, jedes Wort sitzt; anfangs darf man sogar lachen.   
       
Regisseur Martin Platt inszeniert straff und treibt die knapp 100 Minuten lange Geschichte auf ein spannendes, wenn auch offenes Ende zu. Es ist das Wesen des Zweifels, seine Opfer unerlöst zu lassen.  
 
Fazit: Wer eine packende Geschichte, wer die allerschlichteste Form von Theater, wer makellos gesprochenes Amerikanisch erleben will, sollte diesen Spielort aufsuchen. Er wird in allem bestens bedient.

Frido Hütter
 

Wiener Zeitung


Nagender Zweifel in der Seele

(…) Im Kern ist John Patrick Shanleys Stück „Doubt“ eine verstörende aber brilliante Darstellung der Macht von Vorurteilen, Gerüchten und persönlichen Rachefeldzügen.
Eindeutig die beste Szene im Stück, das das Vienna’s English Theatre aufführt, ist jene, in der sich der Konflikt zwischen Schwester Aloysius und Pfarrer Flynn zuspitzt und sie ihn immer mehr bedrängt. Wendy Barrie-Wilson und Ray Dooley überzeugen als sture Schwester und hilfloser Pfarrer, dessen letzter Ausweg die männlich dominierte Hierarchie der katholischen Kirche ist.

Die Charaktere, die Shanley rund um dieses zentrale Paar gezeichnet hat sind weniger ansprechend. Wahrscheinlich ist es mehr die Schuld des Autors als ihre eigene, aber die Hysterie die Shannon Koob als Schwester James an den Tag legt ist nach kurzer Zeit bereits anstrengend. Völlig eindimensional und viel zu kryptisch ist die Figur von Mrs. Muller, der Mutter des angeblich verführten Buben – was aber sicher nicht am schauspielerischen Talent der Juristin Jill Courtney Chenault liegt. Bei ihrem kurzen Bühnenauftritt lässt sie Anspielungen über ihren Sohn und möglichen Rassismus an der Schule fallen, die bis zum Ende des Stücks nicht aufgegriffen werden und daher einfach in der Luft hängen.

Dass das Stück in einer katholischen Gemeinde 1964 in Amerika spielt, rückt die Problematik unnötigerweise etwas zu weit von der Lebensrealität der Zuseher weg. Andererseits bezeichnet Shanley sein Werk wahrscheinlich genau aus diesem Grund als Parabel, denn das Thema selbst wird leider immer aktuell bleiben.

Zweifellos sehenswert!

Barbara Ottawa
 

Kronenzeitung


Verdacht oder Verleumdung?

Ein „well-made play“, konventionell gebaut, aber alle heißen Eisen der Gegenwart anpackend: „Doubt“ (Zweifel) von John Patrick Shanley wurde zum Broadway-Sensationserfolg und heimste alle wichtigen Preise ein: Pulitzer Preis, Tony Award, DramaDesk Award! Vienna’s English Theatre sicherte sich diese Broadway Produktion
Julia Schafranek, die Leiterin des English Theatre, konnte mit der Europäischen Erstaufführung auch vier New Yorker Schauspieler und als Regisseur Martin Platt, Co-Direktor des Perry Street Theatre, gewinnen.

Die herrschsüchtige Direktorin einer katholischen Privatschule in der Bronx (das Stück spielt im Jahr 1964) hält ihre Lehrerinnen-Nonnen zu genauer Beobachtung und Meldung aller Vorkommnisse an. Der schüchternen jungen Schwester James fällt auf, dass der Basketball Lehrer, Vater Brendan Flynn, den einzigen schwarzen Schüler dieser Anstalt besonders betreut.

Schwester Aloysius, die männerfeindliche Direktorin, wittert Kindesmissbrauch und Homosexualität. Sie treibt den unbefangenen Lehrer in Selbstzweifel und veranlasst seine Versetzung. Zweifel – Doubt – auch bei Schwester James und letztlich bei der rigorosen Direktorin! Gerechtfertigter Verdacht oder Verleumdung? Wie bei Pirandello weiß niemand mehr, ob er richtig gehandelt hat und was recht ist.
Eine eindrucksvolle Aufführung. Wendy Barrie-Wildon brilliert als die dominante Direktorin, Ray Dooley pendelt als Father Flynn zwischen Predigt und Ballspiel. Shannon Koob ist die übertrieben naive Schwester James, Jill Courtney-Chenault beharrt als Mutter des farbigen Jungen auf ihrem Recht.

In der realistischen Inszenierung von Martin Platt schuf Hans Kudlich ein blitzschnell verwandelbares, stimmiges Bühnenbild. Viel Jubel !

H.M.
 

Der Sonntag

Die Zeitung der Erzdiözese Wien

Zeugen des Zweifels

(…) Pater Flynns Schuld bleibt bis zum Ende des Stücks offen. Er ist sensibel und geistreich und bleibt undurchschaubar. Sr Aloysius läuft Gefahr, in ihrer unerbittlichen Härte zu erstarren. Der Autor, selbst katholisch erzogen, thematisiert die – offene – heikle Frage vielschichtig, die Charaktere sind glaubwürdig. Trotz des Ernstes des Themas fehlt es „Doubt“ nicht an menschlicher Komik. Unterhaltsam sind u.a. Pater Flynns Predigten zum Publikum. Schließt sich der Vorhang, bleiben die Fragen offen und das Publikum nachdenklich.

Sehenswert, no doubt.

Agathe Gansterer